Lymphgefäß-System und Lymphe
Unser Körper hat drei große Gefäß-Systeme: Das arterielle und das venöse Gefäßsystem sowie das Lymphgefäßsystem. Arterien und Venen bilden zusammen den geschlossenen Blutkreislauf. Vom Herz kommend, transportieren die Arterien sauerstoff- und nährstoffreiches Blut in den Körper. Die Arterien verzweigen sich in immer dünnere Gefäße bis hin zu den Kapillaren (Haargefäße). Aus diesen wird Serum (Blutflüssigkeit) in das Interstitium (Zwischenzellraum) filtriert, um das Gewebe mit den notwendigen Stoffen zu versorgen. Auf der venösen Seite der Kapillaren werden dann 90 % der filtrierten Flüssigkeit wieder aufgenommen.
Die im Gewebe verbleibenden 10 % der Flüssigkeit werden zusammen mit Eiweiß, Stoffwechsel- und Entzündungs-Produkten, Krankheitserregern sowie anderen Fremdkörpern – das alles zusammen bildet die „lymphpflichtige Last“ – von dem eingangseitig offenen Lymphgefäßsystem aufgenommen. Darum wird das Lymphgefäßsystem manchmal auch „Saug-Ader-System“ genannt.
Pro Tag nimmt das Lymphgefäßsystem etwa sechs bis acht Liter Flüssigkeit aus dem Gewebe auf, die ab diesem Moment „Lymphe“ (griechisch „Quellwasser“) genant wird. Sie ist durchsichtig, leicht gelblich, nur die Lymphe aus dem Darmbereich ist, besonders nach einem fettreichen Mahl, milchig-trüb. Die Lymphe wird über Präkollektoren, Kollektoren und Lymphstämme dem Blutkreislauf zuzuführen. Den Transport besorgen die Lymphangione („Lymph-Herzchen“), die Muskel- und Gelenkbewegungen, der Pulsschlag des Herzens und der atmungsbedingt wechselnde Druck im Brustraum sowie die Darmbewegung.
Die Lymphangione sind in die größeren Lymphgefäße eingeschaltet und haben ein- und ausgangsseitig Ventil-Klappen, die die Lymphe nur in eine Richtung strömen lassen. Die Muskulatur der Gefäßwand zwischen den Klappen wird vom vegetativen Nervensystem gesteuert. Die Lymphangione „schlagen“ ähnlich wie ein Herz, allerdings wesentlich langsamer (sechs bis neun Mal in der Minute).
In den Verlauf der Lymphgefäße sind Lymphknoten eingeschaltet. Der gesunde Körper verfügt über etwa 600 bis 700 davon. Starke Häufungen finden sich im seitlichen Bereich von Kopf und Hals, im Achselbereich und in den Lenden. Sie sind hocheffiziente „Kläranlagen“, die die Lymphe von Krankheitserregern und Schadstoffen befreien. Gelangen Tumorzellen in Lymphknoten, können sie sich dort festsetzen und Ausgangspunkt einer neuen Tumor-Bildung (Metastasen) werden. Deshalb müssen bei Krebsoperationen auch Lymphknoten entfernt werden, um zu erkennen ob sie befallen sind.
In den Lymphknoten wird der Lymphe auch Wasser entzogen und dem venösen Kreislauf zugeführt. Darum gelangen von der aufgenommenen Lymphmenge nur etwa zwei Liter in den Blutkreislauf. Das geschieht in den „Venenwinkeln“ (hinter den Schlüsselbeinen) kurz vor dem Herzen.
Das Lymphgefäß-System hat eine bestimmte Transportkapazität. Das ist die höchst-mögliche Menge an lymphpflichtiger Last, die pro Zeiteinheit abtransportiert werden kann. Ist die Transportkapazität eingeschränkt, bleibt Flüssigkeit im Gewebe liegen und es entsteht ein Lymphödem.